Plädoyer für den Daihatsu Copen

von Werner B.


Kalte Dusche für den Copen? Im ersten Vergleichstest war das Ergebnis eher "erfrischend".


Tja, gar nicht so leicht, diese Aufgabe. Ein Plädoyer schreiben für einen Loser! Na ja, k.o. ist er wenigstens nicht gegangen, der Daihatsu Copen. Obwohl es zeitweise so aussah. Aber dazu komme ich später noch.

Nach Punkten hat er aber schon verloren, und zwar gleichzeitig gegen 4 Wettbewerber, die vieles besser konnten als er und deshalb im Autobild Vergleichstest in der Ausgabe vom 02.05.2006 die Nase vorn hatten. Zumindest nach Punkten.

Damals waren kleine Klappdach-Cabrios total angesagt: Trendsetter war der Peugeot 206 CC, der zum Zeitpunkt des Vergleichstests bereits seit knapp 6 Jahren am Markt war. Wegen seiner ausgefallenen Optik mit Mandelaugen und Reling auf dem Kofferdeckel wie bei einer Jacht erfreute er sich besonders bei modebewussten Frauen großer Beliebtheit. Mit ihm kann man entspannt cruisen, das Fahrwerk ist kommod, die 109 PS aus 1,6 Liter Hubraum sind reichlich für gemütliche Landstraßentouren. Andererseits: Mode kommt und geht, und der 206 CC musste schon ein Jahr später Platz machen für den Nachfolger 207 CC .

Trotzdem: der 206 CC war ein großer kommerzieller Erfolg und fand bald Nachahmer, z.B. den Opel Tigra, der ab 2004 in Frankreich beim Karosseriebauer Heuliez gefertigt wurde. Er war damals bezüglich der verfügbaren Motoren der Überflieger im Testfeld mit 125 PS, die sein 1,8 Liter-Motor bereitstellte. Er kostete kaum mehr als ein Daihatsu Copen, hatte jedoch auch im geöffneten Zustand einen großzügigen Kofferraum mit 250 Liter Volumen. Gut, die Heckpartie war bei diesem Modell schon ein bisschen hoch .

Wenn wir gerade bei dem Thema sind: Auch Nissan und Mitsubishi versuchten, ein Stück vom Kuchen der kompakten Klappdachcabrios für sich zu ergattern. Das klappte bei beiden Modellen eher schlecht als recht, weil bei ihnen die Heckpartie zumindest "eigenwillig" gestylt worden war.

Beim Colt CZC hatte sogar Pininfarina Hand angelegt, aber das zusammengefaltete Dach benötigt so viel Platz, dass das Heck optisch etwas pummelig wirkt, vor allem in Verbindung mit der kurzen Front, die ein bisschen an einen Minivan erinnert. Jedenfalls wurde die Produktion des Colt CZC schon nach 3 Jahren eingestellt. Aber 2006 lag er im Vergleichstest nach Punkten trotzdem vor dem Copen, denn er war günstiger, sein Fahrwerk war komfortabler und mehr Platz hatte er auch .

Bleibt der Nissan Micra C+C. Wie der Colt und der 206 fuhr er mit 109 PS vor und hatte damit schon leistungsmäßig einen klaren Vorsprung gegenüber dem Copen mit seinen schmächtigen 87 Pferdchen aus nur 1,3 Liter Hubraum. Der Micra sieht aus manchen Perspektiven ganz flott aus, aus einigen "geht so" und wiederum aus anderen "geht gar nicht". Von schräg hinten wirkt er so, als hätte er nochmal ein Extrafach über dem Kofferraumdeckel, dabei ist das nur eine Ausbuchtung, um das voluminöse Dach dort unterzubringen. Aber über Geschmack kann man ja bekanntlich nicht streiten, und das wollten sowieso alle diejenigen nicht, die ihn nicht kauften. Für die Punktewertung spielten diese Überlegungen aber erstmal keine Rolle, und am Ende lag auch der Micra in der Endabrechnung vor dem Copen...


Man muss sich nur trauen: Bestellung für "meinen" Copen, einen Vorführwagen, den ich nach ein paar Wochen Wiederverkaufssperrfrist zum guten Preis kaufen konnte. Viel wichtiger: Ich musste bei weitem nicht so lange auf ihn warten wie auf einen weißen mit roten Ledersitzen, den ich ursprünglich favorisiert hatte. 2013 stellte Daihatsu den Vertrieb aller PKW nach Europa ein, weshalb es den engagierten Händler nach einiger Zeit als Servicepartner heute leider nicht mehr gibt.


Trotzdem habe ich mir, auch unter Einbeziehung der Ergebnisse dieses Vergleichstests, am 18.05.06 einen Daihatsu Copen bestellt. Nein, ich war dabei weder betrunken noch unzurechnungsfähig, sondern im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte. Aha, ein Gutmensch mit einem Herz für Verlierer, mit Empathie für alle zu kurz gekommenen, die das Leben sowieso schon genug straft? Mitnichten! Blenden wir an dieser Stelle kurz zurück auf das Jahr 1980:

Mit viel Überzeugungsarbeit war es mir gelungen, meine damalige Partnerin für den Kauf eines neuen Triumph Spitfire an Stelle eines ursprünglich favorisierten Talbot Horizon zu erwärmen. "Das sind doch Äpfel und Birnen", werden jetzt einige ausrufen, und ja, sie haben vollkommen recht.

Der Talbot wäre eine Vernunftentscheidung gewesen, der Triumph aber gewann mein Herz. Warum? Weil er zu einem vergleichbaren Tarif ungleich mehr Fahrfreude vermittelte, und natürlich vor allem auch, weil man sich bei flottem Tempo und sportlichem Handling herrlich den Wind um die Nase wehen lassen konnte. Kurzum: er war für mich - nicht für die Autotester - das perfekte Fahrzeug zu dieser Zeit.


Der kleine Engländer hat in dieser Story einen Ehrenplatz verdient, denn er inspirierte mich Jahre später zum Kauf des Copen. Ich fuhr ihn von 1980 - 1989 und nahm damit an verschiedenen Ausfahrten teil und an Treffen, bei denen die schönsten Fahrzeuge prämiert wurden. Wie beim Copen fragt man sich, weshalb der Spitfire im Verkauf nicht mehr Erfolg hatte.


Wie so oft: die Zeiten änderten sich, und während sich die finanziellen Möglichkeiten für die Anschaffung von "unvernünftigem" Luxus verkleinerten, vergrößerte sich die Familie. Ein Lancia Beta Spider musste - heute unvorstellbar - als "Familiencabrio" herhalten und der Spitfire geriet langsam in Vergessenheit. Doch tief in mir drin schlummerte die Erinnerung an das unnachahmliche Fahrvergnügen, welches er mir auf kurvenreichen Landstraßen bereitet hatte.

Blenden wir an dieser Stelle kurz zurück auf das Jahr 2003. Zu dieser Zeit verspürte ich ein sanftes Kitzeln, jemand kitzelte eine lange vergessen geglaubte Erinnerung in mir wach. Ich sah zum ersten Mal ein Bild des Daihatsu Copen in einer Fachzeitschrift. Sollte es so ein Fahrzeug tatsächlich bald wieder zu kaufen geben? Einen knackigen kleinen Roadster mit überschaubaren Unterhaltskosten in der Größe eines Spitfire?

Unglaublich aber wahr: ab dem Folgejahr konnte dieses kleine Schmuckstück auch in Deutschland beim Daihatsu-Händler bestellt werden. Die Ernüchterung folgte trotzdem auf dem Fuße, denn der süße Bonsai-Roadster war nur als Rechtslenker erhältlich. Das und der 660 ccm - Turbomotor mit 64 PS sorgten dafür, dass ich nicht sofort schwach wurde und in Erinnerung an glorreiche Spitfire-Zeiten einen Kaufvertrag unterschrieb.


Ist er nicht süß, der Kleine? Wer kann da noch widerstehen? Man spürt förmlich, dass kurvenreiche Landstraßen sein artgerechtes Revier sind.


Das tat ich dann aber 2 Jahre später doch, und zwar mit voller Überzeugung. Daihatsu hatte ein Einsehen und bot ab 2006 in Europa auch eine Version mit Linkslenkung an. Zudem war der Motor auf circa das doppelte Volumen angewachsen und leistete nun solide 87 PS bei 1300 ccm. Damit war er der Klasse der japanischen "Kei-Cars" entwachsen, während die Abmessungen der Karosserie unverändert ultrakompakt geblieben waren. Kei-Cars benötigen in Japan keinen Parkplatznachweis, dafür dürfen sie jedoch nur begrenzte Ausmaße haben: Länge maximal 3,40 Meter, Breite maximal 1,48 Meter.

Der Copen nutzt diese Grenzen optimal aus. Bereits 2006 wirkte er im Umfeld "normalgewachsener" PKW zierlich, sogar im Vergleich mit eher kleinen Roadstern wie Mazda MX5, Fiat Barchetta oder MG TF, die damals in der Klasse der kompakten Roadster populär waren. Ähnlich zierlich waren damals nur der Ford Streetka und der Smart Roadster, welcher jedoch nicht so offen wie der Copen und zudem Ende 2005 eingestellt worden war.


In dieser Umgebung wirkt der Copen besonders zierlich. Das Bild entstand auf einer Heimfahrt vom Faaker See in Mallnitz auf der Südseite der sogenannten "Tauernschleuse" bei der Bahnverladung. Nach dem Tunnel kommt man bald nach Badgastein und einige Zeit später wieder auf die Tauernautobahn.


Gerade in seiner Kompaktheit liegt ein Großteil des Reizes, welcher sich dem Fahrer in einem Copen vermittelt; heute, im Umfeld schwerer und ausladender SUVs sogar noch mehr als damals im Jahr 2006, als wir zusammenfanden, der Copen und ich.

Zum ersten Mal nahmen wir in Ludwigsburg Kontakt auf; er stand etwas hilflos zwischen größeren Fahrzeugen auf einer Autoausstellung in der Innenstadt. Seine Optik betörte mich sofort. Die schlanke Karosserie erinnerte mich an die Zeiten, in denen ich mit dem Spitfire die Vorteile kompakter Ausmaße auf engen Straßen schätzen lernte. Genau dorthin wollte ich nun bald auch den Copen entführen. Ob er wohl tatsächlich zu mir passen würde?


Schau mir in die Augen, Kleiner! Was sich hinter diesem Unschuldsblick wohl verbirgt?


Sein erster Blick aus runden Kulleraugen erschien mir etwas schüchtern, hatte aber seltsamerweise auch etwas von diesem "stille Wasser sind tief"-Versprechen. Die Seitenansicht wirkte recht symmetrisch; aus dieser Perspektive hatte er stilistisch unübersehbar Anleihen am Design des Audi TT genommen, der ja heute gerne als Designikone gefeiert wird. Jedenfalls passten die Proportionen des Türausschnitts perfekt zu den wohlgerundeten Kotflügeln davor und den Seitenteilen dahinter, im Kreise der Wettbewerber (siehe oben) eine überzeugende Lösung.


Perfekte Proportionen, hier stimmt jede Linie, jede Kurve des Designs. Eine puristische Form wie aus einem Guss, vollkommen ohne effektheischende Sicken oder anderen formalen Schnickschnack.


Blieb noch das Heck, und dessen Gestaltung war schon ein erstes Indiz dafür, dass das Versprechen der Frontansicht wohl tatsächlich eingelöst würde. Der Copen hat einen für ein Klappdach-Cabrio ausgesprochen graziles Heck, das von einem kecken Heckspoiler gekrönt wird. Unter der hinteren Stoßstange lugen mittig zwei Edelstahlauspuffrohre in einem für die Leistungsklasse großzügigen Durchmesser hervor, die, entgegen der naiven Einschätzung nicht Eingeweihter, nicht nur Show sind. Die Rückleuchten nehmen Designelemente der Front wieder auf. Bei versenktem Dach rücken hinter den Kopfstützen der Vordersitze zwei verchromte "Überrollbügel" ins Blickfeld, die ein ganz kleines bisschen nach einer Shelby Cobra aussehen. Darf man es so formulieren? Für mich hat der Copen einen ausgesprochen sexy Po!


Mancher Designexperte wird den Heckspoiler missbilligend zur Kenntnis nehmen. Für mich setzt er einen überraschenden Akzent am Heck und deutet eine durchaus vorhandene Sportlichkeit an, die man ansonsten kaum mit einem so kleinen Auto assoziieren würde. Der "Roadster"-Schriftzug ist nicht Original, der Aufkleber unseres Clubs muss einfach sein, und der "DAIHATSU"-Schriftzug in silber unterhalb des schmucken "Copen"-Logos ist so unscheinbar, dass man ihn genauso gut hätte weglassen können.


"Nun ja, Aussehen ist nicht alles", werden an dieser Stelle vielleicht einige einwenden, "wie sieht es denn mit den "inneren Werten" aus, dem Platzangebot, den Fahreigenschaften, dem Temperament und der Ausstattung?" Gemach, gemach, dazu komme ich gleich. Ein bisschen muss ich aber noch bei der Optik verweilen. Nicht nur ich, sondern auch Designkenner finden sie bestechend, deshalb hat der Copen auch den renommierten Red Dot Design Award 2004 für gelungenes Produktdesign erhalten.


Ein kleines Schmuckstück aus jeder Perspektive. Hier kommt jede Menge Luft in den Innenraum, ganz nach dem Geschmack von Cabriofahrern, die nicht nur aus Imagegründen ein offenes Fahrzeug wollen. Perfektionisten können den Bereich zwischen den Sitzen und der Kofferklappe durch eine Persenning abdecken - zwingend erforderlich ist dies nicht.


Verdientermaßen, denn er schafft es, sein geöffnetes Dach im Kofferraum zu verstauen, ohne dabei auf die Ästhetik einer stimmigen Heckgestaltung verzichten zu müssen. Sogar die Formgebung der Windschutzscheibe kommt ohne Kompromisse aus: während sie bei vielen Wettbewerbern aus der Zeit seiner Entstehung, aber auch bei einigen neueren Cabrios, unverhältnismäßig weit bis in die Karosseriemitte verlängert wurde, um die im Heckbereich zu verstauende Dachpartie möglichst kurz zu halten, darf sie beim Copen eher steil stehen und damit dezent an das Design seiner geistigen Vorläufer, der kompakten britischen Roadster aus den 60er- und 70er-Jahren, anspielen.


Auch die Frontansicht offenbart eine stimmige Formgebung bis ins Detail.


Lange Rede kurzer Sinn: Ich finde auch nach 18 Jahren die Optik des Copen ausgesprochen gelungen. Diese Aussage gilt übrigens nicht nur für die Karosserieform, bei der man sich am ehesten noch einen etwas wertigeren Kühlergrill wünschen würde (den es als Zubehör gab), sondern auch für Design und Materialauswahl im Innenraum. Mein Auto ist Stahlgrau Perleffekt lackiert und hat eine rote Innenausstattung, bei der die beheizbaren Sitze mit Leder bezogen sind. Eine sehr geschmackvolle Kombination.


Die Farbe Rot bringt bei meinem Copen eine sportliche Note in den Innenraum. Alternativ dazu waren die Ledersitze auch in braun bestellbar, was in Verbindung mit manchen Außenfarben (dunkelblau, dunkelgrün, schwarz) besonders edel wirkt, fast ein bisschen britisch.


Rot sind auch Teile der Türinnenverkleidungen und des zweifarbigen, lederbezogenen Momo-Lenkrads. Das Armaturenbrett folgt einem klassischen Layout: Die beiden Rundinstrumente mit analoger Anzeige für Geschwindigkeit und Drehzahl werden ergänzt durch ein Kombiinstrument für den Füllstand des 40 Liter-Tanks und die Wassertemperatur. Die Instrumente liegen perfekt im Blickfeld des Fahrers und sind sehr gut ablesbar. Genau wie die drei Drehregler in der Mittelkonsole für die Steuerung von Heizung, Lüftung und Klimaanlage werden sie von verchromten Zierringen umrahmt, die leichte Retroanklänge (z.B. an den ersten Mazda MX 5) verspüren lassen und für die Fahrzeugklasse hochwertig wirken. Gleiches gilt auch für den verchromten, kugelförmigen Schaltknauf mit Schaltsack und das abschließbare Handschuhfach.


Selbst das nachgerüstete Grundig-Radio wirkt so, als sei es bereits im Werk eingebaut worden. Im Vergleich mit der Plastik-Tristesse in manchen japanischen Kleinwagen ist dieses Cockpit eine Augenweide mit vielen hübschen Details. Das wertige Momo-Lenkrad würde auch in wesentlich teureren Fahrzeugen eine gute Figur machen.


Heute gelten für Ausstattungsstandards andere Maßstäbe, aber zur Zeit seiner Vorstellung war der Copen recht hochwertig ausstaffiert; Klimaanlage, elektrische Fensterheber und Spiegel, eine Zentralverriegelung mit Fernbedienung und Leichtmetallfelgen waren schon serienmäßig an Bord, und aus dem Zubehörprogramm konnte man sich ein gut klingendes Grundig-Radio im Doppel-DIN-Format mit CD-Spieler und (!) Cassettenteil bestellen. Die Bedienung des Copen gibt keinerlei Rätsel auf, alles ist recht ordentlich verarbeitet und funktioniert bis heute einwandfrei.


Auf dieser Ausstattungsübersicht (noch für den Copen mit dem kleinen Turbomotor) kann man den großzügigen Umfang der Serienausstattung erkennen. Mit dem Übergang zum 1300er-Motor wurden Sportfahrwerk und Heckspoiler serienmäßig, als weitere Farboption wurde schwarz Perleffekt lieferbar.


Der Copen vermittelt einem Autokenner mit einem Gespür für Nuancen schon beim ersten Kennenlernen, dass er mit viel Liebe zum Detail konstruiert worden ist. Dieser Eindruck verstärkt sich mit jedem Kilometer, den man am Lenkrad dieses flotten Flitzers sitzt. Für mich passt die Sitzposition allerdings gerade noch: Die Sitze sind zwar recht großzügig dimensioniert, aber der Verstellbereich nach hinten ist begrenzt, so dass man 1,80 Meter Körpergröße nicht überschreiten sollte, um richtig Spaß am Fahren zu haben. Etwas gelenkig sollte man auch sein, sonst bekommt man beim Einsteigen leichte Schwierigkeiten und beim Aussteigen größere .

Und damit komme ich zum alles entscheidenden Argument in diesem Plädoyer für den Daihatsu Copen: Wenn es um Fahrspaß geht, ist er kaum zu toppen. Klar, 87 PS klingen erstmal bescheiden, aber ihnen stehen nur 850 kg Leergewicht gegenüber. Daraus resultiert ein Leistungsgewicht von weniger als 10 kg/PS. Zugegeben, im Zeichen der Leistungsexplosion bei stark motorisierten SUVs oder Elektrofahrzeugen ist auch dieser Wert zunächst nicht gerade sensationell.


Die Motorhaube ist so leicht, dass man sie mit zwei Fingern gut halten kann. Der Motor ist wegen des Frontantriebs quer eingebaut. Die Konstruktion und die Leistungsdaten erinnern an sportliche Alfa-Modelle aus den 60er und 70er Jahren: DOHC, 1,3 Liter Hubraum, 87 PS...


Zur Zeit seiner Vorstellung konnte man mit dem Copen allerdings auch stärker motorisierten Fahrzeugen durchaus Paroli bieten, denn seine Konstrukteure hatten durch die Verwendung von Aluminium bei Motorhaube, Dach und Kofferdeckel das Gewicht schön niedrig gehalten. Diese Diät spürt man unmittelbar beim Fahren. Der Copen tritt beim energischen Gasgeben richtig flott an und zaubert dem Fahrer ein Lächeln ins Gesicht, wenn beim Start von der Ampel weg die Hintermänner schnell kleiner werden.

Ähnliche Erlebnisse stellen sich bei Kreisverkehren auf Landstraßen ein: Je nach Verkehrslage hängt einem auf Landstraßen sehr häufig ein Fahrzeug in größerem Format mit viel mehr Motorleistung an der hinteren Stoßstange, obwohl man die vorgegebene Höchstgeschwindigkeit bereits überschreitet, also beispielsweise Tacho 80 km/h statt der vorgeschriebenen maximal 70 km/h fährt. Was der Fahrer denkt, kann nur geschlussfolgert werden, möglicherweise: "Das ist ein kleines Auto, also muss ich es überholen". Solche inneren Zwänge soll es ja geben.


Die sportlichen Fahrleistungen traut dem Copen keiner zu. Auch "Überholprestige" besitzt er nicht. Bei flotter Autobahnfahrt muss man aufpassen; nicht selten quetscht sich jemand von der rechten Spur noch schnell vor einen, wenn man gerade mit 160 km/h beim Überholen ist.


Am Kreisverkehr schlägt dann endgültig die Stunde des Copen: Wieselflink und spielerisch über die exakte Lenkung dirigiert, flitzt er in den Kreisverkehr hinein und nach der darin absolvierten Links-/Rechts-Kombination auch genauso zügig auf der Gegenseite wieder heraus. Man kann dieses Erlebnis noch steigern, wenn man rechtzeitig in den zweiten Gang schaltet und mit Vollgas aus dem Kreisverkehr herausbeschleunigt bis auf die maximal zulässige Geschwindigkeit, z.B. auf 70 km/h.

So gut wie immer hat sich nach diesem Manöver die Distanz zum Hintermann beträchtlich vergrößert, was allerdings in der Regel nichts daran ändert, dass er einem vor dem nächsten Kreisverkehr wieder auf der Stoßstange sitzt (sofern er nicht die Möglichkeit wahrgenommen hat, unter Missachtung der geltenden Geschwindigkeitsbegrenzung vorher zu überholen). Der innere Zwang halt .

Der Motor des Copen schreit nicht unbedingt nach Drehzahl, weil er auch im Bereich zwischen 3500 und 4500 Touren schon sehr ordentlich durchzieht (und damit auch im Vergleichstest mit den eingangs zitierten Wettbewerbern in der Elastizitätswertung vorne lag). Wenn es aber sein muss, kann er dank seiner modernen DOHC-Konstruktion auch bis knapp 7000 Touren gedreht werden.


Copen in freier Wildbahn: Auf engen Bergsträßchen fühlt er sich am wohlsten, so wie hier 2015 in Slowenien auf der Stichstraße zum Mangart (im Hintergrund). In diesem Umfeld kann er alle Vorteile seiner Konstruktion perfekt ausspielen - ein unbeschreiblicher Fahrspaß.


Auf Passstraßen, besonders auf solchen, die nicht übermäßig breit sind, kommt dabei besondere Fahrfreude auf. Das Getriebe schaltet sich sehr präzise, so dass der Wechsel zwischen dem zweiten und dem dritten Gang vor und nach jeder Serpentine den Genuss noch erhöht. Dazu liefert der Vierzylinder über die serienmäßige Sportauspuffanlage den passenden Sound: dezent sportlich, aber nicht aufdringlich oder gar prollig.

Hinzu kommt eine ausgeprägte Handlichkeit: andere mögen mehr Leistung haben und seit einigen Jahren auch mehr Assistenzsysteme um sicher auf der Straße zu bleiben. Das braucht der Copen alles nicht: Massenträgheit ist für ihn ein Fremdwort, und wenn ein LKW oder Bus entgegenkommt, drückt er sich halt ein bisschen enger an die Felswand oder die Leitplanke. Selbst auf schmalen Fahrspuren ist eine Annäherung an die Ideallinie und damit ein rasanteres Fahren in Wechselkurven möglich, ohne dass man die eigene Fahrspur verlässt oder Entgegenkommende gefährdet.


Copen in voller Fahrt, das Bild ist leider etwas unscharf. Aber das ist ja auch kein Wunder bei dem Tempo...


Das Fahrwerk tut ein Übriges dazu, das Auto sicher auf der Straße zu halten, auch wenn das serienmäßige Sportfahrwerk recht hart ist, zumindest bei gemäßigtem Tempo. Da haben sich die Konstrukteure ein bisschen zu sehr an den englischen Vorbildern à la Austin Healey Sprite und MG Midget orientiert. Kleiner Trost: wegen des geringen Gewichts braucht der Kleine auch keine überbreiten "Schlappen", um den Kontakt zur Straße zu halten. Zwar gab es über das Zubehörprogramm auch 16 Zoll-Leichtmetallfelgen für Reifen der Größe 195/40 R 16, aber wer diese montiert, nimmt dem Copen viel von seinem "unschuldigen" Charme und "verschlimmbessert" den verbleibenden Federweg.


Die Felgen im sachlichen Design sind leicht sauber zu halten, ein nicht ganz unwesentlicher Aspekt für einen Autofan, der sein Cabrio gerne pflegt. Zum Glück hat der Designer der Versuchung widerstanden, beim Felgendesign runde Elemente zu integrieren, das wäre zu viel des Guten gewesen. So aber wirkt die Räder leicht "Retro" und passen deshalb gut.


Die serienmäßigen Räder mit schmalen 165er Pneus auf 15 Zoll Alus sorgen gerade in der heutigen Zeit, in der auf manchen SUVs Räder im LKW-Format aufgezogen sind, für eine geradezu niedliche Ausstrahlung des Autos. Besonders von hinten betrachtet erscheinen sie kaum breiter als eine Frisbee-Scheibe und vermitteln den Eindruck, kein Wässerchen trüben zu können. Leider wird die Reifengröße nur bei wenigen Reifenherstellern im Programm geführt, so dass die Gummis beim Wechsel unerwartet teuer werden.


Das leichte, zweiteilige Klappdach lässt sich erstaunlicherweise im Kofferraum des Copen versenken - erstaunlich deshalb, weil dies nicht durch einen hohen Heckabschluss erkauft wird, sondern der Copen seine sportwagenmäßige Silhouette behält.


Am meisten Spaß macht der kleine Flitzer natürlich mit geöffnetem Dach. Das Öffnen wird in etwa 20 Sekunden elektrisch und ohne Zutun des Fahrers erledigt. Deshalb öffnet man den kleinen Japaner auch bei kurzen Fahrstrecken gerne, vorausgesetzt, man hat kein großes Gepäck im Kofferraum verstaut. Der schrumpft nämlich bei versenktem Dach auf spärliche 14 (!) Liter zusammen. Das reicht dann nur noch für zwei Jacken und etwas Proviant auf kurzen Tripps. Sicherlich ein Wermutstropfen, aber wer kann den Kulleraugen des Copen schon widerstehen?


In geöffnetem Zustand ist der Platz über dem Rollo für das Dach reserviert. Unter dem Rollo ist nur minimal Platz für sehr flaches Gepäck (Zahnbürste, Zahnpasta, Kamm .). Faktisch bleibt als "Stauraum" nur der Bereich im Vordergrund. Man lernt aber schnell, sich damit zu arrangieren!


Auf langen Strecken kommt man deshalb nicht umhin, das Dach zu schließen, um das komplette Ladevolumen des Kofferraums nutzen zu können. Das ist dann sogar größer als bei vielen anderen Roadstern; immerhin 210 Liter passen rein. Außerdem kommt man mit geschlossenem Dach auf Grund der deutlich besseren Aerodynamik um einiges zügiger und mit weniger Kraftstoffverbrauch voran als geöffnet: Wenn man das Gaspedal bis zum Bodenblech durchdrückt, schwingt er sich immerhin zu 180 km/h Spitze auf. Nicht viel?? Stimmt, aber es fühlt sich an wie ein Ritt auf einer Kanonenkugel, ungelogen!


Schaut auch geschlossen gut aus und ist so am schnellsten!


Rennen kann man mit dem Copen auf der Autobahn also nicht gewinnen, aber das hatten seine Konstrukteure auch gar nicht im Sinn, genauso wenig wie seine Fahrer. Denen geht es um den unnachahmlichen Fahrspaß, den dieses winzige Auto auf kurvenreichen Landstraßen vermittelt, wobei es dabei durchaus über Berg und Tal gehen darf. Der Copen ist eine regelrechte Bergziege, und wenn man tatsächlich mal etwas zu heftig aufs Pedal getreten hat, bleibt er gutmütig und bremst sich über die eingeschlagenen Vorderräder automatisch ab. Bergab kann man sich auf die standfeste Bremsanlage jederzeit verlassen; trotz hinterer Trommelbremsen steht er in weniger als 40 Metern beim Bremsvorgang aus 100 km/h.

Solche technischen Angaben hören sich ja oft eher nüchtern, vielleicht sogar ein wenig "bürokratisch" an, ähnlich, wie wenn für Produkteigenschaften in einzelnen Bewertungskapiteln Punkte vergeben werden. Deshalb macht es vor einer Kaufentscheidung Sinn, solche Bewertungen vorher mit "Röntgenblick" zu durchleuchten.

Das habe ich vor der Entscheidung für den Copen auch getan und dabei die Ergebnisse aus zwei Kapiteln ganz einfach ignoriert: Platzangebot? Brauche ich nicht, solange ich und eine mir und dem Auto wohl gesonnene Beifahrerin darin Platz haben. Für den Wochenendeinkauf haben wir andere Autos, also ist auch der Kofferraum kein großes Thema, denn für einen einwöchigen Urlaub reicht er vollkommen aus.


Hier passt einfach alles! Brigitte mag den Kleinen genauso sehr wie ich.


Fahrkomfort? Gut, der Copen könnte tatsächlich ein bisschen weicher abgestimmt sein. Aber eigentlich wollte und will ich immer noch das Go-Kart-Feeling, welches er dank seines geringen Gewichts und seiner ausgeprägten Agilität vermittelt. Der Spitfire von 1980 legte hier die Messlatte ziemlich hoch, aber der Copen ist mit Glanz und Gloria darüber gesprungen. Er ist ein echter Sportwagen, trotz seiner geringen Motorleistung. Wer's nicht glaubt, darf gerne mal eine Runde bei mir mitfahren. Oder sich bei den Testern der AutoBild (Heft 14/2008) informieren, die schreiben: "Er zeigt, dass 87 PS genug sein können für den Ritt durch die Serpentinen. Er ist ein richtiger Sportwagen mit extratrockenem Charme".


Da hat jemand schon früh den Reiz dieses Westentaschen-Sportwagens erkannt. Und festgestellt, dass beim Copen sportliches Fahrvergnügen auch abseits prestigeträchtiger Motorleistungen und Kaufpreise zu erschwinglichen Konditionen erhältlich ist.


Wer diesen Charme entdeckt, ist dem Copen eigentlich sofort verfallen. Trotzdem blieb er in Deutschland eine Randerscheinung. Woran lag's? Sicherlich nicht nur am Ergebnis des Vergleichstests. Nein, dieser kleine Roadster war auf den ersten Blick im Konkurrenzvergleich eher teuer und kam dazu noch von einer Marke (fast) ohne Image. Daihatsu war in erster Linie als Kleinwagenhersteller bekannt und besaß nur ein dünnes Händlernetz. Viele Betriebe lagen in eher ländlichen Gebieten, wo man so ein Auto eher als frivol und weniger als lifestylig wahrnimmt als in Großstädten mit ihrem Umland. So erlitt der Copen leider auch an der Verkaufsfront eine Niederlage nach Punkten.


Verblassendes Logo am Autohimmel. Vielen Europäern war nie so ganz klar, weshalb es reizvoll sein könnte, einen Daihatsu zu kaufen. So blieb das Markenimage immer etwas verschwommen.


1500 Fahrzeuge wollte Daihatsu von ihm pro Jahr verkaufen, am Ende eine utopische Zielsetzung. Laut Wikipedia wurden zwischen 2003 und 2011 gerade mal 2511 Copen in Deutschland zugelassen, davon etwa 2000 Stück mit der "großen" 87 PS-Maschine. Seinen Besitzern sichert der Copen damit eine durchaus willkommene Exklusivität und auch recht hohe Gebrauchtwagenpreise, wenn es tatsächlich zu einem (im Falle des Verfassers dieses Plädoyers allerdings eher unwahrscheinlichen) Besitzerwechsel kommt.

Inzwischen ist das Auto schon im Focus der Youngtimer-Fans; auch die in diesem Metier tätigen Fachzeitschriften haben ihn bereits auf dem Schirm, z.B. die Zeitschrift "classic cars", ein Ableger der Auto Zeitung. Dort erschien vor kurzem (Heft 03/2024) ein Bericht über ihn in der Rubrik "Vergessene Helden". Der Redakteur kommt zu dem Fazit, dass der Copen bis heute ein Garant für gute Laune ist. Dem kann ich nur zustimmen.


Auf meinem Copen glänzt das Daihatsu-Logo noch, für mich war er immer ein Held und soll es auch bleiben. "CN" auf dem Nummernschild steht natürlich für Copen!


Während viele der damaligen Wettbewerber allmählich in Vergessenheit geraten und auch wenig dafürspricht, dass sie bald Liebhaberstatus erreichen könnten, verhält es sich beim Copen gerade umgekehrt: Er kostet zwar auch als Gebrauchter nicht wenig, entschädigt dafür aber bei jeder Spritztour und punktet obendrein mit guter Zuverlässigkeit und einem niedrigen Verbrauch von etwa 6 Litern bei durchaus flotter Fahrweise.


Ging am Ende doch nicht baden: Der Copen überwindet auf der Neckarfähre das "Nass"!


K.o. ist er also noch lange nicht, im Gegenteil. Bei mir hatte er schon gleich nach Punkten gewonnen; mittlerweile kommen aber auch viele weitere Fans von Liebhaberfahrzeugen auf den Geschmack. Es muss eben doch nicht alles immer größer werden, manchmal liegt gerade in der Kürze die Würze! Ich jedenfalls freue mich auf viele weitere vergnügliche Kilometer mit dem Kleinen.


Daihatsu-Accessoires sind nicht an jeder Ecke zu finden; diese Daihatsu-Cap ergatterte ich auf dem Markt in Rhodos! In Griechenland war Daihatsu eine Zeit lang recht populär; etwa 5 Jahre lang wurde dort sogar ein Werk für ein einheimisches Fahrzeug auf Daihatsu-Basis betrieben, den "Zebra". Rallyestreifen kriegt mein Copen deswegen aber nicht!



plaedoyer_01.htm - Letzte Aktualisierung: 09.04.2024_05