Was ist eigentlich ein Cabrio?

Teil 5: Cabriolimousinen

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Inhalt Teil 5:


Zwei Welten, die nicht vereinbar sind – oder doch?

Zugegeben: Ich kann mir durchaus vorstellen, dass der eine oder andere Leser dieser Serie zum Thema Cabrio an dieser Stelle „zu“ macht. Nein, nicht das Verdeck seines Cabrios, sondern bei der Bereitschaft, sich mit der Bauart der Cabriolimousinen näher zu beschäftigen.

Tatsächlich haben es Cabriolimousinen heute schwer, als gleichberechtigtes Baumuster neben anderen, z.B. „Vollcabrios“, zu bestehen, wenn man mal von wenigen Ausnahmen wie dem Fiat 500 C absieht. Den finden besonders jüngere Frauen einfach „süß“. Worin der besondere Reiz von Cabriolimousinen auch heute noch liegt, darauf werde ich im Laufe dieses Kapitels noch eingehen.

Blenden wir aber zunächst mal etwa neunzig Jahre zurück. In den 30er-Jahren hatten viele Hersteller Cabriolimousinen im Programm. Gerade in Deutschland war die Bauweise recht populär; so gab es bei Ford, Opel, DKW, Adler, Mercedes und anderen neben geschlossenen Limousinen auch Cabriolimousinen beliebter Baureihen, die durchaus in nennenswerten Stückzahlen ihre Abnehmer fanden.

An die meisten dieser Modelle kann sich heute kaum noch jemand erinnern, deshalb soll hier als Vertreter der Vorkriegszeit nur der Mercedes 170 V (W 136) betrachtet werden. An ihm kann man das Bauprinzip von Cabriolimousinen sehr schön erkennen: Fast immer handelt es sich dabei um Abwandlungen geschlossener Limousinenkarosserien. Bei Cabriolimousinen bleiben die Seiten der Karosserie in der Regel unangetastet, das heißt, A-B- und C-Säulen und die Dachzüge sind identisch mit denen der verwandten Limousine und sorgen so für eine mit dieser vergleichbare Karosseriestabilität. Die Seitenscheiben bleiben ebenfalls unverändert und können wie bei Limousinen in Scheibenrahmen sauber geführt werden.


Dieser Mercedes glänzt mit einer für die 30er-Jahre typischen, sehr geschmackvollen Zweifarbenlackierung. Durch die separat abgesetzten Kotflügel waren Fahrzeuge dieser Zeit dafür prädestiniert. Besonders effektvoll kommt der Kontrast der Farben bei Cabriolimousinen zur Geltung. Mit dazu passender Innenausstattung wirken sie besonders edel.


Bei der Dachpartie wird dagegen das feste Blechdach einer Limousine durch ein Faltverdeck ersetzt. So etwas kennt man auch von Fahrzeugen mit Schiebedach; der wesentliche Unterschied zu Cabriolimousinen besteht darin, dass bei Letzteren auch die Heckscheibe auf diese oder jene Weise versenkt werden kann. Hieraus ergibt sich in geöffnetem Zustand eine Dachöffnung die wesentlich größer ausfällt als bei einem Schiebedach und auch bei den meisten Targas, bei denen ja die Heckscheiben oft nicht geöffnet oder versenkt werden können.

Wenn man voraussetzt, dass für die Einstufung eines Fahrzeugs als Cabrio nicht zuletzt die Frischluftzufuhr im maximalen Öffnungszustand maßgeblich sein sollte, spricht insofern nichts dagegen, in Cabriolimousinen eine Variante offener Fahrzeuge zu sehen. Ihre Käufer hatten und haben gute Gründe, sich genau für dieses Fahrzeugkonzept zu entscheiden.

Zur Zeit der Vorstellung des Mercedes 170 V war ein solcher Grund sicherlich auch der recht attraktive Kaufpreis für die (übrigens 4-türige!) Cabriolimousine im Vergleich zum geschlossenen 4-Türer. Laut Wikipedia verlangte Mercedes für beide Varianten damals 3980.- Reichsmark, so dass die Entscheidung für die favorisierte Version vom Käufer budgetunabhängig getroffen werden konnte.

1945 – 1960: kurze Blütezeit, danach eine vom Aussterben bedrohte Art

Nach dem Krieg bauten viele Hersteller die Konstruktionen aus der Vorkriegszeit weiter oder begannen sogar erst, die durch die Kriegsereignisse nicht realisierbare Produktion von bereits vor dem Krieg konstruierten Fahrzeugen aufzunehmen. Bei Mercedes startete ab 1946 auch der 170 V eine zweite Karriere. Im zerbombten Deutschland gab es zunächst allerdings kaum einen Abnehmerkreis für „frivole“ Karosseriekonzepte wie Cabrios, weshalb sich Mercedes zunächst auf Lieferwagen auf 170 V-Basis und etwas später auf die 4-türige Limousine beschränkte. Den Nachfolger 170 S gab es dann als Vollcabrio, wobei die Stückzahlen dieser Modellvariante sehr bescheiden blieben.

Bei anderen Herstellern waren Cabriolimousinen auch nach dem Krieg noch im regulären Verkaufsprogramm, z.B. bei Opel. Der Hersteller aus Rüsselsheim war vor dem Krieg der bedeutendste PKW-Produzent im Deutschen Reich und hatte kurz vor den olympischen Spielen 1936 in Berlin den danach benannten Typ „Olympia“ vorgestellt. Dieses Modell war, ganz dem damaligen Zeitgeist entsprechend, auch als Cabriolimousine erhältlich. Nach der kriegsbedingten Unterbrechung lief die Produktion des Olympia Ende 1947 wieder an und wurde bis 1953 weitergeführt, wobei in diesem Zeitraum immerhin über 9000 Cabriolimousinen entstanden.

Dies ermutigte Opel, auch den Nachfolger „Olympia Rekord“ ab 1953 als Kabriolimousine anzubieten. Wie bei anderen Limousinen hatte man sich bei diesem Modell von Stilelementen der Vorkriegszeit wie den nicht in die Grundform integrierten Kotflügeln verabschiedet. Der Olympia Rekord glänzte mit einer „neumodischen“ Pontonkarosserie und sah aus wie ein geschrumpfter amerikanischer Straßenkreuzer. Trotz des gegenüber der regulären Limousine geringen Aufpreises von 300.- DM (etwa 5% des Kaufpreises) verkaufte sich die Cabriolimousine eher schlecht als recht und wurde vorzeitig aus dem Programm genommen.


Der graue Olympia ist formal ganz eindeutig der Vorkriegszeit zuzuordnen: die breiten Chromstreben am Kühlergrill bei der facegelifteten Version ab 1950 verschleiern die antiquierte Form kaum, folgten aber dem Modegeschmack in den USA. Dieser war auch in den folgenden Jahrzehnten für die europäischen „Amerikaner“ Opel und Ford das Maß der Dinge.


Beim Olympia Rekord zeigt sich die Weiterentwicklung im Karosseriebereich sehr deutlich. Die heutigen Veränderungen im Design zwischen einer Modellgeneration und ihrem Nachfolger wirken dagegen regelrecht zaghaft; man denke dabei z.B. an den VW Golf. Andere namhafte deutsche Hersteller bauten zu dieser Zeit Vollcabrios, allen voran natürlich VW mit dem Käfer Cabrio. Lediglich ein paar Außenseiter hatten noch Cabriolimousinen im Programm, wie z.B. Gutbrod mit dem stilistisch besonders ausgewogenen Superior. Dieser Kleinwagen war auch technisch herausragend, denn er war der erste serienmäßig hergestellte PKW mit Benzindirekteinspritzung. Wegen des gemessen an der Größe hohen Kaufpreises konnte sich dieser nur als Cabriolimousine hergestellte Kleinwagen leider am Markt nicht durchsetzen, so dass der Hersteller 1954 die Fahrzeugproduktion komplett einstellte.


Die Form des Gutbrod wirkt wie aus einem Guss und ist aus jedem Blickwinkel stimmig. Mit etwas Vorstellungskraft ließe sie sich behutsam auf einen aktuellen Standard modernisieren und fände sicherlich den einen oder anderen Liebhaber. Aber welcher Autokonzern hat heute noch den Mut zu einem solchen Projekt? Immerhin: Nissan hatte es mal probiert (siehe unten!)


Etwas länger hielt der Lloyd 600 durch. Diese Marke gehörte zur Borgwardgruppe und hatte sich auf Kleinwagen spezialisiert. In den 50er-Jahren war der Lloyd 600 durchaus ein kommerzieller Erfolg, und neben der populären Limousine und einem kleinen Kombi gab es davon eine in kleinen Stückzahlen gefertigte Cabriolimousine. Ein solches Fahrzeug nahm übrigens in der Frühzeit des Cabriotreffens am Faaker See einige Male an der Veranstaltung teil. Bei einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h dürfte die Anreise allerdings nicht auf eigener Achse erfolgt sein.


„Wer den Tod nicht scheut, fährt Lloyd“ riefen Spötter den kleinen Lloyd damals hinterher. Dabei hatte der Lloyd im Vergleich mit vielen Wettbewerbern das sicherere Fahrverhalten, dank Frontantrieb. Und er sah im Gegensatz zu Isetta, Messerschmitt und anderen „Zeitgenossen“ wie ein richtiges Auto aus.


Etwa um 1960 war das Kapitel „Cabriolimousinen aus Deutschland“ vorläufig abgeschlossen. Erst in den frühen 70er-Jahren brachte BMW mit den Baur-Cabrios der 02er-Serie und später der 3er-Serie wieder Fahrzeuge auf den Markt, die man auch unter der Rubrik „Cabriolimousine“ hätte aufführen können. Da bei diesen Modellen jedoch ebenso wie beim Kadett Aero der Targabügel stilprägend war, wurden sie bereits im Kapitel „Targa“ gewürdigt.

Auch im europäischen Ausland wurden Cabriolimousinen produziert

Über viele Jahre hinweg kam jedoch die Cabriolimousine schlechthin, der ewig junge 2 CV, aus Frankreich. Von der „Ente“ gab es aus Kostengründen nie eine geschlossene Limousine. Sie wurde bereits vor dem 2. Weltkrieg entwickelt, erlebte jedoch ihre Vorstellung aus nachvollziehbaren Gründen erst Ende 1948. Sie erblickte das Licht der Welt mit bescheidenen 9 PS in einer primitiv anmutenden Karosserie, die von Spöttern auch schlicht als „hässlich“ bezeichnet wurde.

Erstaunlicherweise ließ sich die Ente trotz der pessimistischen Prognosen mancher Fachleute über mehr als 4 Jahrzehnte hinweg erfolgreich verkaufen. Am Anfang spielten sicherlich der geringe Kaufpreis, die robuste Technik und die ausgeprägte Wirtschaftlichkeit die Hauptrolle in der Karriere der Ente. Später erkannte Citroën, dass auch viele Leute mit Geld die Ente haben wollten, weil sie für manche ein Ausdruck einer nonkonformistischen Lebenseinstellung geworden war.

So lancierte der Hersteller auf die Zielgruppe und den Zeitgeist abgestimmte Sondermodelle der Ente, wie die „Sausss-Ente“, die „Dolly“, die „Charleston“ und die Version „I fly bleifrei“, um nur einige der denkwürdigsten Ausführungen zu nennen. Besonders beliebt bei Enten-Fans ist heute die „Charleston“-Ente in weinrot/schwarzer Zweifarblackierung, weil sie zusätzliche Chromapplikationen besitzt und deshalb so schön nostalgisch daherkommt.

Die Ente hatte von Anfang bis zum Ende der Produktion ein Rolldach, welches die komplette Dachöffnung freigibt. Davon abgesehen, hat Citroën über die Produktionszeit das Fahrzeug jedoch behutsam weiterentwickelt, immer im Rahmen der Konzeption und gegen Ende der Bauzeit so, dass keine grundsätzlich neue Typprüfung mehr erforderlich wurde, denn bezüglich der Sicherheitsausstattung entsprach die Ente schon lange nicht mehr den gesetzlichen Vorgaben für neu eingeführte Modelle.

Dafür war die Ente bei Produktionsende mit 29 PS und einer Spitze von rasanten 115 km/h eine Rakete im Vergleich zum Urmodell. Es dürfte wohl kaum ein Fahrzeug geben, welches im Laufe seiner Produktionszeit seine ursprüngliche Motorleistung mehr als verdreifacht hat. An die Produktionszahl der Ente ist bisher keine andere Cabriolimousine nur annähernd herangekommen; mehr als 3,8 Millionen wurden gebaut. Kult ist die Ente bis heute, gerade auch wegen der Möglichkeit der großzügigen Frischluftzufuhr durch das geöffnete Rolldach.


Frühe Ente mit „Wellblechmotorhaube“, sie ist typisch für die Enten der 50er-Jahre. Hier mal mit geschlossenem Rollverdeck. Auch die Karosserieform dieses Dauerbrenners fußt noch in der Vorkriegszeit, wie die abschraubbaren, separat an der Karosserie befestigten Kotflügel beweisen.


Im Gegensatz zur Ente mit Frontantrieb besaß der Renault 4 CV einen Heckmotor. Diese Bauweise war in den 50er- und 60er-Jahren auch bei vielen anderen Herstellern wie Fiat, Simca, Skoda, BMW, NSU und nicht zuletzt VW besonders populär. Typisch für Cabriolimousinen ist auch bei dem kleinen Renault der relativ hohe Verdeckwulst auf dem Heck der Karosserie.

Ein französischer zeitweiliger Zeitgenosse der Ente ist der Renault 4 CV. Er wurde während der Kriegszeit von engagierten Ingenieuren in geheimer Mission entwickelt und sicherte dem Staatskonzern Renault das Überleben in den 50er-Jahren, denn von diesem in die karge Zeit passenden Modell wurden über eine Million Exemplare produziert, davon auch einige mit einem riesigen Faltverdeck, so dass bei dessen Öffnung eine Cabriolimousine entstand. Um 1960 war jedoch die Zeit dieses Autos abgelaufen; auch die Heckmotorbauweise schien am Ende ihrer Laufzeit anzukommen. Wie ein fortschrittlicher Nachfolger auszusehen hatte, zeigte 1961 der Renault 4.

In der gleichen Fahrzeugklasse wie der Renault 4 CV erschien in Großbritannien 1948 der Morris Minor. Trotz Standardbauweise (Motor vorn, Antrieb hinten) war er stilistisch dem deutschen Volkswagen nicht unähnlich, vor allem aus manchen Blickwinkeln. Der Minor verkaufte sich in den 50er-Jahren in Großbritannien und Ländern des Commonwealth sehr gut und hatte dort einen ähnlichen Status wie bei uns der VW Käfer. Er hielt durch bis 1971, brachte es also auf eine sehr respektable Bauzeit von über 20 Jahren.

In der Oldtimerszene sind heute besonders zwei Varianten des Minor gesucht: Der Kombi „Traveller“ mit Holzaufbau im Heckbereich und die Cabriolimousine „Tourer“. Diese ist unzweifelhaft eine der hübschesten Cabriolimousinen überhaupt, vor allem mit farblich abgesetztem Verdeck. Sicherlich liegt das auch daran, dass bei ihm die Rahmen der Seitenscheiben filigran gehalten sind und auf die Karosserie aufgesetzt wurden. Insofern ist der Minor schon fast ein Vollcabriolet. Die Proportionen dieses schmucken kleinen Autos passen aus jeder Perspektive, und dank der auch heute noch guten Verfügbarkeit von preiswerten Ersatzteilen sind auch die Unterhaltskosten dieses Briten als Oldtimer bis heute überschaubar.


Der Minor war schon zu Lebzeiten ein Dauerbrenner – als Klassiker ist er es immer noch, vor allem natürlich in Großbritannien. Gemessen am Reiz dieses Autos sind die im Internet aufgerufenen Preise günstig; für um die 15000.- Euro werden augenscheinlich solide Fahrzeuge angeboten.


Bleibt noch ein Blick nach Italien: Wer anders als Fiat sollte in diesem Land eine Cabriolimousine bauen? Mit dem Topolino erfüllten die Italiener schon in den 30er-Jahren die Hoffnungen auf ein kleines Auto nach diesem Konstruktionsprinzip. Der 500 von 1936, seit langem schon unter dem Spitznamen Topolino („Mäuschen“) bekannt, war kurz vor dem Krieg und bis Mitte der 50er-Jahre der italienische Volkswagen. Auch bei diesem schnuckeligen Autochen hat heute vor allem die Cabriolimousine Kultstatus.


An der Frontgestaltung kann man erkennen, dass es sich bei diesem sehr schön restaurierten Topolino um ein Nachkriegsmodell handelt. Da in seiner Entstehungszeit im winzigen Fond üblicherweise die „bambini“ saßen, wurden Koffer gerne auf eine Gepäckbrücke am Fahrzeugheck geschnallt.


Mitte der 50er war es allerdings an der Zeit, für den Topolino einen Nachfolger auf den Markt zu bringen. Das war für den Hersteller Fiat sicherlich keine leichte Aufgabe, aber er löste sie mit Bravour. Der „Nuova 500“ ist in Italien auch heute noch auf den Straßen präsent; früher sah man diese Autos fast an jeder Ecke, heute werden sie als Oldtimer gehätschelt und als nationales Kulturgut verehrt. Besonders die Versionen mit langem Faltdach sind heute bei Oldtimerliebhabern besonders gesucht und folgen dem Baumuster der Cabriolimousinen.


Beim Fiat 500 gab es auch ein kleines Faltdach, welches zu Produktionszeiten wesentlich häufiger geordert wurde als das lange. Da Versionen mit langem Faltverdeck inzwischen höher angesehen sind, wurden solche mit dem kurzen recht häufig nachträglich umgebaut. Bei der Bewertung der Originalität eines Oldtimers ein Aspekt, auf den man achten sollte.


Der Nuova 500 wurde auch in Österreich bei Steyr Puch mit eigenen Motoren in Lizenz produziert; auch von dieser Version wurden Cabriolimousinen gebaut, während die Fiat-Tochter Autobianchi in den 60ern das Modell Bianchina sowohl als Coupé mit großem Faltdach („Trasformabile“) wie auch als winziges, extrem charmantes Vollcabrio produzierte. Die letztgenannte Version avancierte übrigens mit Pilot Otto Waalkes zum Filmstar in „Otto – Der Außerfriesische“.


In der Kürze liegt die Würze: Auch Cabriolimousinen können eine sportliche Anmutung haben, wie dieses flotte Wägelchen beweist. Wer die Ausstrahlung noch steigern wollte, bestellte sich dazu eine extravagante Zweifarbenlackierung.


Bei aller Wertschätzung für die genannten, heute mit Kultstatus versehenen Cabriolimousinen wie Ente, Minor oder Fiat Nuova 500 war dennoch unübersehbar, dass die Zeit dieser Bauweise unwiderruflich zu Ende ging, denn Vollcabrios, ob nun als Limousine, Roadster oder Spider, hatten sich um 1970 am Markt eindeutig durchgesetzt. Zu diesem Zeitpunkt war es fraglich, ob sich überhaupt nochmal ein Autoproduzent ernsthaft an das Thema Cabriolimousine herantrauen würde.

Zaghafte Versuche nach mehreren Jahren Flaute

Erstaunlicherweise tat dies ein Hersteller, von dem man ein Fahrzeug dieser Prägung wohl am wenigsten erwartet hätte: Jaguar hatte seit dem Auslaufen des E-Type Roadster 1974 kein offenes Fahrzeug mehr im Programm. Der Nachfolger des E-Type, der XJ-S, war von vorne herein nur als Coupé konzipiert worden, weil man zur Zeit seiner Entwicklung befürchten musste, dass auf dem wichtigen amerikanischen Markt bald keine Cabrios mehr zulassungsfähig sein würden. Das trat dann (zum Glück für die Marktpräsenz offener Autos insgesamt) dann ja zum Glück doch nicht ein.

Bei Jaguar sah es Ende der 70er-Jahre düster aus. Der XJ war nicht mehr taufrisch und der XJ-S war von Sportwagenfans nie als legitimer Nachfolger des E-Type akzeptiert worden. Qualitätsmängel bei den verwendeten Materialien und in der Fertigung taten ein Übriges, die Verkaufszahlen schrumpfen zu lassen. Zum Glück für die Marke übernahm mit John Egan 1980 ein überaus motivierter Manager das Steuer, der mit effektiven aber dennoch bezahlbaren Maßnahmen den Qualitätsstandard in relativ kurzer Zeit erheblich anhob.

Er erkannte außerdem, dass ein zusätzliches offenes Fahrzeug als Imagebooster positive Auswirkungen auf die Wahrnehmung der gesamten Modellpalette haben würde. So kam es zur Entwicklung und Vorstellung des Jaguar XJ-SC 1983. Er war zwar nicht ganz offen, wie es sich die auf der britischen Insel zahlreichen Roadster-Fans gehofft hatten, aber seine Dachkonstruktion hatte durchaus ihren Reiz: über den Köpfen der vorne Sitzenden konnten wie bei einem Targa die beiden Dachhälften entfernt werden; im hinteren Dachbereich befand sich ein kleines Cabrioverdeck. Je nach Wetterlage war es also möglich auch nur dieses zu öffnen wie bei einem Landaulet. Die B-Säulen samt Überrollbügel und die feststehenden Dachzüge sorgten für eine ausreichende Karosseriesteifigkeit.


Der XJ-SC war genau genommen nur eine Abwandlung des wesentlich häufiger gebauten Coupés, auch wenn der Dachaufbau von der Seite gesehen sehr an die offene Variante einer Limousine erinnert. Wirklich sportlich wirkte diese Optik nie.


Der XJ-SC blieb eine Episode in der langen Bauzeit des XJ-S. Seine Produktion beim Karosseriebetrieb Tickford war aufwendig und teuer, weil zunächst jeweils ein fertig produziertes Coupé skalpiert werden musste, bevor das Fahrzeug umgebaut werden konnte. Die insgesamt eher biedere Optik des Endprodukts und das gemessen an der Fahrzeuggröße mickrige Platzangebot – auf hintere Notsitze hatte man zu Gunsten einer Gepäckablage verzichtet – rissen niemanden vom Hocker. So blieb es bei etwa 5000 produzierten Exemplaren bis ab 1988 ein Vollcabrio an seine Stelle trat.

Am Ende geht es für die Hersteller bei allen zukünftigen Produktplanungen ja immer auch ums Geldverdienen, und an dieser Stelle ist fraglich, ob Cabriolimousinen außer Image den Autokonzernen tatsächlich auch „Zählbares“ geliefert haben. Im Falle von Jaguar, aber auch bei den meisten anderen Herstellern darf dies mit Fug und Recht bezweifelt werden.

Bei Cabriolimousinen also grundsätzlich Fehlanzeige beim „return on investment?“ Nein, nicht bei allen, denn wie man damit Geld verdient, hatten ja die unbeugsamen Gallier schon ab den 50er-Jahren mit der Ente gezeigt …

So war es für Insider nicht verwunderlich, dass ausgerechnet eine auch in den 70er-Jahren noch eher nonkonformistisch angehauchte Firma wie Citroën den Mut zum Bau einer neuen, volkstümlichen Cabriolimousine aufbrachte. Schon seit einigen Jahren riefen die Fans der Marke nach einer „neuen Ente“, denn die Dyane, eine als modernisierte Ergänzung des 2 CV in den 60ern nachgeschobene Variante, hatte keinen echten Fortschritt gebracht, lediglich eine aus Sicht der typischen Entenfahrer verwässerte Optik.

1978 wagten die Franzosen deshalb einen weiteren Versuch mit dem Visa, der in der Seitenansicht unverkennbare Anleihen am Design des 2 CV nahm. War der Visa in Bewegung hörte sich das bei der Basisversion ebenfalls wie bei seinem Vorbild an, denn unter der Motorhaube schnatterten jetzt 36 Entenstärken, die von einem weiterentwickelten, immer noch 2-zylindigen Boxertriebwerk bereitgestellt wurden.

Der Visa kam verkaufsmäßig nur schwer in die Gänge; als Entennachfolger wurde er weder in Frankreich, noch auf Exportmärkten akzeptiert, sicherlich auch deswegen, weil ihm das ententypische PVC-Rolldach fehlte. Auch wenn sich die Verkäufe nach einem Facelift stabilisierten, dauerte es fast 5 Jahre, bis der geschlossenen Limousine eine 4-türige (!) Cabriolimousine namens Plein Air zur Seite gestellt wurde.


Ganz zu Beginn seiner Laufbahn hieß der offene Visa „Décapotable“ (französisch für Cabrio), eine auf dem internationalen Markt nur schwer verständliche Bezeichnung. Auf Wunsch war er auch mit einem stärkeren Motor aus dem Peugeot-Regal erhältlich, doch rissen auch die 50 PS dieses „Super E“ keine Bäume aus.


Um es kurz zu machen: der Visa Plein Air hatte gegenüber den zum Zeitpunkt seiner Vorstellung zahlreich am Markt vertretenen Bügelcabrios à la Golf, Escort oder Ritmo nicht den Hauch einer Chance und musste auch konzernintern dem etwa zeitgleich angebotenen Talbot Samba Cabrio den Vortritt lassen.

Objektiv gesehen hatte das Auto allerdings durchaus Vorteile: die 4 Türen ermöglichten einen bequemen Zugang auch zu den Rücksitzen, das Platzangebot war großzügiger als bei den meisten Wettbewerbern und geschlossen sah der Visa wie ein Vollcabrio aus, weil das Verdeck das in offenem Zustand sichtbare „Stützkorsett“ aus Dachzügen, C-Säulen und versteifendem Überrollbügel geschickt verbarg. In offenem Zustand war die Optik allerdings „gewöhnungsbedürftig“, und so wurde das Auto zum Flop und schon nach gut zwei Jahren Bauzeit wieder eingestellt.

Beim nächsten Versuch wollte es Citroën besser machen. Gefrustet vom Misserfolg des Visa Plein Air ließ man sich allerdings viele Jahre Zeit damit, so lange, bis die immer lauter werdenden Rufe nach einer „neuen Ente“ unüberhörbar wurden. 2002 brachte der Hersteller den C3 als geschlossene Limousine, bei dem das gerundete Dach sowie einige stilistische Details Anleihen am Design der Ente nahmen. Was ihm natürlich fehlte, war das bei der historischen Ente obligatorische Rollverdeck.

Ein gutes Jahr später lancierte der Hersteller den mit Spannung erwarteten C3 Pluriel. Dieses Fahrzeug auf Basis des C3 ist, was die Vielfalt seiner Öffnungsmöglichkeiten angeht, bis heute eine Ausnahmeerscheinung, worauf schon seine Typbezeichnung (Pluriel = Mehrzahl) hindeutet.

Beim Pluriel konnte man in der ersten Öffnungsstufe das elektrische Verdeck so weit öffnen, wie es auch bei vielen elektrischen Faltschiebedächern anderer Modelle möglich ist. Im nächsten Schritt war es möglich, das Verdeck über die Heckscheibe zu schieben, wodurch die Dachöffnung vergrößert wurde. Nachteil dieser Position: ein Blick durch die Heckscheibe auf den nachfolgenden Verkehr war nicht mehr möglich, aber immerhin besaß das Auto zwei Außenspiegel! Fairerweise muss man sagen, dass Citroën diese Dachposition in den offiziellen Verkaufsunterlagen überging, da sie nicht wirklich alltagstauglich ist.

Die dritte Öffnungsstufe war bei den Plurielfahrern die beliebteste, weshalb das Auto auch in diesem Kapitel der Cabriolimousinen beschrieben wird. Dabei wurde die Heckscheibe samt dem darauf liegenden Verdeck über einen komplizierten und leider oft auch klemmenden Mechanismus im unteren Teil des Kofferraums versenkt. Schwer vorstellbar, diese Prozedur, und noch aufwendiger zu beschreiben. Wer Interesse an dieser ob der dahinterstehenden Ingenieursleistung eigentlich bewundernswerten Konstruktion hat, kann sich dazu einen Kurzfilm im Internet anschauen.


Die Technik des korrekten Öffnens eines Pluriels erforderte ein intensives Studium der Bedienungsanleitung, sogar von Motorjournalisten (hier der Autobild) und Citroën-Verkäufern, zu denen seinerzeit auch der Autor dieser Serie zählte. In der Position auf dem Bild wären die nächsten Schritte: Aussteigen und dann das Paket aus Verdeck und Heckscheibe am unteren Rand nach unten ziehen. Dann vollführt es eine halbkreisförmige Bewegung bis in den unteren Teil des Kofferraums. Anschließend kann der Zwischenboden des Kofferraums wieder eingesetzt werden und startklar ist die Cabriolimousine mit noch montierten Dachbögen.


Um das Fahrzeug maximal zu öffnen, sind beim Pluriel weitere, relativ aufwendige Schritte notwendig, die von den Besitzern aus den unterschiedlichsten Gründen nur selten durchgeführt werden. Es müssen dabei die seitlichen, bei Cabriolimousinen normalerweise fest verschweißten Dachzüge samt C-Säulen abgenommen werden. Die „Dachbögen“ des Pluriel haben durchaus Gewicht, weshalb man für diesen Vorgang idealerweise zu zweit sein sollte. Als Zubehör stand bei vielen Plurielfahrern ein „Dachbogenständer“ in der Garage, auf den man die abgenommenen Dachbögen hängen konnte.

In diesem Stadium war der Pluriel komplett geöffnet und sah wirklich sehr chic aus, weil nicht mal ein Verdeckwulst die offene Linienführung störte. Aber schon nach kurzem Nachdenken kam man drauf, dass diese Öffnungsposition einen entscheidenden „Haken“ hatte: ohne die fehlenden Dachbögen war es unterwegs unmöglich, das Fahrzeug zu schließen, es gab also weder einen Witterungs- noch einen ernsthaften Diebstahlschutz. Kein Wunder, dass man komplett geöffnete Pluriel in unseren Gefilden nur selten antrifft.

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass man bei diesem ungewöhnlichen Fahrzeug den Kofferraumdeckel auch nach unten klappen konnte. Auf diese Weise entstand bei kompletter Öffnung ein „Cabrio-Pickup“, ein Crossover der besonderen Art. So ganz legal war eine Fahrt in dieser Konfiguration allerdings nicht, denn das Nummernschild auf dem heruntergeklappten Kofferdeckel war nun nicht mehr sichtbar!

Trotz aller Vorbehalte wurde der Pluriel zu Anfang seiner Modellkarriere von vielen Fans der Marke begeistert aufgenommen, sogar der eine oder andere Entenfahrer bestellte sich einen. Leider war die Dachkonstruktion zum Zeitpunkt der Markteinführung noch nicht vollständig ausgereift. Mechanik, Elektronik und Dichtheit ließen Wünsche offen, weshalb der Pluriel seinen anfänglichen Markterfolg nicht dauerhaft halten konnte. Trotzdem wurde er etwa 7 Jahre lang gebaut.

Auf der anderen Seite des Planeten waren auch japanische Hersteller immer wieder mal gut für ganz besondere Fahrzeuge. Nissan überraschte, leider nur japanische Kunden, im Jahre 1991 mit einer vom Gutbrod Superior (siehe weiter oben) inspirierten zweitürigen Cabriolimousine, dem Figaro. Die perfekt aufeinander abgestimmten Retroelemente bestimmten das Karosseriedesign außen, die Innenausstattung und die Farbgebung dieses bemerkenswerten kleinen Flitzers. Dabei wurde auch auf kleinste Details geachtet, wie z.B. die Integration eines passenden Autoradios mit zwei traditionellen, großen Drehknöpfen für Lautstärke und Sendereinstellung.


Nissan besaß zur Zeit der Vorstellung des Figaro ein eher biederes Image, denn selbst die Sportmodelle der ZX-Reihe wirkten damals schon etwas angegraut. Da konnten frische Akzente im Markenportfolio nicht schaden; der Figaro sorgte für eine spürbare Imageaufwertung, hauptsächlich allerdings in Japan.


Es ist ein Jammer, dass der Figaro offiziell nie den Weg nach Europa fand und auch in Japan nur 20000 Exemplare mit Rechtslenkung vermarktet wurden. Weltweit hätte man sicherlich viele weitere Liebhaber mit diesem Auto glücklich machen können, denn er nahm den später aufkommenden Trend zum Retrodesign bereits einige Jahre vorweg. Die Neuauflage des Mini und des Fiat 500, der VW New Beetle, der Chrysler PT Cruiser und viele weitere Modelle traten einige Jahre später den Beweis an, dass man auch Fahrzeuge im Retrodesign in hoher Stückzahl verkaufen kann und sie nicht nur eine vergängliche Modeerscheinung sind. Ganz besonders gilt diese Aussage für Mini und Fiat 500.

Einen komplett anderen Kurs verfolgte dagegen um die Jahrtausendwende die Marke Smart. Nicht nur das Konzept eines ultrakurzen Fahrzeugs mit nur 3 Metern Außenlänge war ultramodern, auch das Design hatte viele Lifestyle-Elemente der damaligen Zeit aufgenommen. Was lag näher, als dem geschlossenen „City-Coupé“ ein von der avisierten, häufig besonders modebewussten Zielgruppe bereits erhofftes Cabrio zur Seite zu stellen?

Dies geschah mit bemerkenswertem Erfolg. Bis heute ist das Smart Cabrio an den Verkaufszahlen des Modells (dieses wird heute unter dem Namen „fortwo“ geführt) mit einem relativ hohen Prozentsatz beteiligt. Sicherlich liegt das auch an der ausgeklügelten Verdeckkonstruktion, die das Öffnen in mehreren Varianten zulässt, sogar das Herausnehmen der seitlichen Dachholme, durch die eine Art Targaoptik entsteht. Seit ein paar Jahren wird der Smart fortwo nur noch als Elektroauto angeboten, ein augenscheinlich zukunftssicheres Konzept für ein Stadtauto – sollte man meinen. Wie man hört, werden jedoch aktuell schon keine Bestellungen mehr für Neufahrzeuge entgegengenommen, weil die Produktion 2024 auslaufen soll. Ob auf den Produktionsanlagen dann große SUVs gebaut werden??


Typisch für geschlossene und offene Smart-Zweisitzer ist die effektvolle Zweifarblackierung. Kombiniert mit einer wertigen Innenausstattung macht dieser flotte Flitzer trotz seiner Kürze etwas her und lässt nicht unbedingt Rückschlüsse auf den finanziellen Hintergrund seines Besitzers zu.


Ein Dauerbrenner, ein Flop, und was dann?

Während der „neue“ Mini in der Tradition seines Vorgängers als Vollcabrio seit vielen Jahren vor allen Dingen bei der Damenwelt beliebt ist, reüssiert der „neue“ Fiat 500 bei der gleichen Zielgruppe als Cabriolimousine. Sicherlich war der Erfolg des Mini auch für die Produktplaner bei Fiat ein maßgeblicher Faktor dafür, beim 2007 vorgestellten neuen 500 auf das Retrodesign zu setzen. Besonders in den ersten Jahren übertraf der 500 die in ihn gesetzten Hoffnungen und verkaufte sich blendend. Da lag es nahe, der Limousine auch eine Cabrioversion, den 500 C, zur Seite zu stellen. Auch diese ab 2009 gebaute Version wurde innerhalb kürzester Zeit zu einem Lifestyleprodukt und kam speziell bei modebewussten Frauen sehr gut an, trotz unbestreitbarer Nachteile.


Als Sondermodell „Riva“ ist der 500C besonders chic und begehrenswert. Sein Design entstand in Kooperation zwischen Fiat und dem renommierten Bootsbauer Riva. Inzwischen ist der 500C auch mit Elektroantrieb zu haben; seine Zukunft dürfte also bis auf weiteres gesichert sein.


An erster Stelle muss hier der Kofferraum erwähnt werden. Auch beim 500 C kann das Faltschiebedach zu Gunsten einer größeren Dachöffnung bis weit nach hinten geschoben werden und faltet sich einschließlich der Heckscheibe auf dem Fahrzeugheck zusammen. Diese Konstruktion bedingt einen prinzipbedingten Nachteil moderner Cabriolimousinen: Die Integration einer großen, ladefreundlichen Heckklappe am Fahrzeugheck wird unmöglich, stattdessen ist der Kofferraum nur durch eine relativ kleine, niedrige Luke zugänglich. Das Verstauen einer Getränkekiste im Kofferraum wird so zum Geduldsspiel, vor allem dann, wenn dieser mit zusätzlichem Gepäck beladen werden soll.

Die zumeist weiblichen Besitzer des kleinen Fiat scheint diese Einschränkung jedoch kaum zu stören; das Image des 500 C überstrahlt viele rationale Argumente, und andererseits ist so ein 500 C üblicherweise ein Zweitwagen, so dass der Wochenendeinkauf eventuell auch mit dem Familienkombi oder einem zeitgeistigen SUV erledigt werden kann. In nicht wenigen Fällen kommt es dabei wohl zu einer Art „Tauschhandel“: Die „scharfe“ Version des 500 C wird recht erfolgreich unter der Marke „Abarth“ verkauft und spricht mit einer für die Fahrzeugklasse hohen Motorleistung auch Männer an. Wenn die Dame des Hauses also ihr Herz an einen 500 C verloren hat, kann man ja auch einen Abarth bestellen und damit auch als Mann am Wochenende den Spaß am Autofahren haben, welchen die übergewichtigen und ausladenden SUVs von heute kaum noch vermitteln. Klar, dass man dann im Gegenzug ganz uneigennützig auf „seinen“ SUV verzichtet, damit der Wochenendeinkauf sicher nach Hause kommt …

Bei einer weiteren Cabriolimousine der Neuzeit ist die Klientel nicht ganz so kulant wie beim Herzensbrecher Fiat 500 C. Citroën hatte mit dem Pluriel einen Achtungserfolg erzielt, aber nach 7 Jahren Bauzeit war er nicht mehr zeitgemäß. Zudem hatte man mit dem Modell DS 3 gerade eine Produktlinie für besonders hochwertige, auch stilistisch außergewöhnliche Fahrzeuge eingeführt. Was lag also näher, als dem neuen Modell, welches vom Markt recht gut aufgenommen wurde, eine offene Version zur Seite zu stellen?

Auf in der Entwicklung und Produktion teure Experimente wie beim Pluriel mochte man sich nicht mehr einlassen. So erhielt der geschlossene DS3 ein Pendant in Form einer Cabriolimousine mit einer ähnlichen Dachkonstruktion wie beim Fiat 500 C. Mit diesem teilte er auch den prinzipbedingten Nachteil des schlecht zu beladenden Kofferraums. Außerdem thront bei kompletter Öffnung das inklusive der Heckscheibe zusammengefaltete Verdeck sichtbehindernd und stilistisch wenig überzeugend auf dem Heck. Das kann der Fiat einfach besser, und weil der DS3 auch etwas größer und damit teurer als sein italienischer Widersacher war, konnte er dessen Verkaufszahlen nicht annähernd erreichen.


Wie bei allen Modellen der DS-Produktlinie lag Citroën auch beim DS3 eine unverwechselbare Formgebung am Herzen. Auch das Cabrio zeigt in der Seitenansicht die modelltypische „Flosse“ hinter der B-Säule, welche den DS3 von allen Wettbewerbern unterscheidet. Mittlerweile ist aus der DS-Linie eine eigene Marke geworden, die innerhalb des Stellantis-Konzerns im Premiumsegment platziert ist.


Trotzdem hat sich der Autor dieser Zeilen vor einigen Jahren für ein DS3 Cabrio entschieden und diese Entscheidung nie bereut. Welche Argumente sprachen für eine Cabriolimousine und speziell für den DS3?

Bei gusseisernen Cabriofahrern geht es ja, wenn von Fahrgenuss die Rede ist, fast immer um die Fahrten, bei denen man mit offenem Verdeck unterwegs ist. Bei idealen klimatischen Bedingungen (nicht zu kalt, nicht zu heiß) macht das, so die Meinung des Autors und seiner nicht weniger cabriobegeisterten Gattin, am meisten Spaß in einem möglichst offenen zweisitzigen Roadster oder Spider. Damit kann man sich bei zügiger Fahrt auf kurvenreichen Landstraßen am genussvollsten den Wind um die Nase wehen lassen.

Wenn sich ein solches Fahrzeug bereits im Fuhrpark befindet, hat man es gut, muss aber auch kompromissbereit sein. Für einen Urlaub in Nordeuropa beispielsweise ist so ein sportlicher Zweisitzer eher weniger geeignet. Das fängt beim eingeschränkten Kofferraumvolumen an und hört bei der geringen Bodenfreiheit noch nicht auf.

Langer Rede, kurzer Sinn: das DS3 Cabrio kommt bei uns übers ganze Jahr hinweg zum Einsatz. Es verliert, wie jeder normale Gebrauchtwagen, kontinuierlich an Wert und darf deshalb auch in den Wintermonaten gefahren werden. Immerhin ist seine Karosserie vollverzinkt und zeigt nach 10 Jahren nicht den kleinsten Rostansatz. Zeigt sich im Winter die Sonne am Himmel, wird das elektrische Schiebedach geöffnet; mehr oder weniger weit, ganz nach Lust und Laune und abhängig von der Außentemperatur. Das ist dann die Zeit, in der man so gut wie nie ein klassisches Cabrio offen fahren sieht.

Auch im Frühjahr und im Herbst passt das Karosseriekonzept einer Cabriolimousine häufig gut zur Witterung. Morgens ist es oft kühl, da bleibt das Verdeck geschlossen. Bei den angenehmeren Temperaturen am Nachmittag wird es dann ruckzuck geöffnet; bei wärmeren Temperaturen sogar inklusive der Heckscheibe.

Und im Sommer? Da kommt der DS3 vor allem bei unseren regelmäßigen Urlauben in Schweden zum Einsatz. Für die dort etwas kühleren Temperaturen reicht die Durchlüftung bei geöffnetem Dach völlig aus. Außerdem ist das Auto trotz seiner Kompaktheit so geräumig, dass zwei Personen ihr Reisegepäck auch für zwei bis drei Wochen problemlos darin verstauen können, ohne dabei auf Wichtiges verzichten zu müssen.

Der Kofferraum? So klein ist der gar nicht, nur die Ladeöffnung ist natürlich ein Witz. Aber man lernt damit umzugehen und findet Lösungen. Zum Beispiel eine recht geräumige Klappbox, die relativ niedrig, dafür aber besonders breit ist und einen Wochenendeinkauf für zwei Personen ohne weiteres schluckt. Natürlich ohne die Getränkekisten, die parken bei uns auf dem Rücksitz. Und wenn mal etwas Sperriges verladen werden muss, geschieht das über den Innenraum, denn die Rücksitzlehnen sind umklappbar und die Öffnung zum Kofferraum ist von innen her wesentlich großzügiger als von außen. Man muss sich manchmal einfach nur zu helfen wissen!

Ob er uns gefällt? Wir finden ihn chic mit seinem blauen Faltverdeck als Kontrast zur weißen Lackierung und werden ihm bis auf Weiteres die Treue halten. Ob Cabriolimousinen insgesamt noch eine große Zukunft haben, darf allerdings bezweifelt werden. Seit die Zahl der noch verfügbaren Cabrios insgesamt zurückgeht, erscheint die Zukunft gerade dieser Bauart noch ungewisser als vorher. Außer in den 30er-Jahren war sie sowieso eher eine Randerscheinung, wenn auch eine durchaus liebenswerte, die ein Teil der langen Geschichte offener Fahrzeuge ist.

Andererseits gab es in dieser Geschichte schon oft ein Revival totgeglaubter Baumuster, wie z.B. die Roadster-Renaissance in den 90ern. Manche Konzepte wurden schon vor Jahrzehnten entdeckt, wurden dann erstmal nicht besonders wertgeschätzt, bis sie sich plötzlich doch am Markt durchsetzten. Um ein solche Konzept geht es in der nächsten Folge dieser Serie – die Klappdachcabrios.


Fortsetzung folgt...



cabrio_5.htm - Letzte Aktualisierung: 28.03.2024